Wie alles begann

Inspiriert durch Brauereibesichtigungen und TV-Dokumentationen über das Thema „Bier brauen“ habe ich im Frühjahr 2018 im Internet nach einer gebrauchten Brauanlage Ausschau gehalten. Wie bei den meisten Hobbybrauern üblich, wollte ich in der sogenannten „Einkocherklasse“ starten. Schnell bin ich fündig geworden: Zum Verkauf stand eine kleine Brauanlage mit einer Ausschlagmenge von ca. 20 Litern bestehend aus einem Einkocher zum Maischen und Kochen, einem Edelstahl-Rührwerk mit Scheibenwischermotor und einem zum Läuterbehälter umgebauten Stichfass. Das Besondere an dieser Anlage war die automatische Brausteuerung: Mit Hilfe eines kleinen Computers und der Software CraftBeerPi war es möglich die Temperatur im Einkocher während des Maischens und Kochens zu steuern. Auch das manuelle Umrühren der Maische mit einem Braupaddel war aufgrund des verbauten Rührwerks nicht notwendig. Somit konnte ich ein paar Tage später zwar eine halbwegs professionelle Brauanlage mein Eigen nennen, mein Fachwissen in dieser Thematik war bis dato allerdings noch nicht soweit ausgebaut, dass ich direkt mit dem ersten Sud hätte starten können.

Mein erster Sud

Daher galt es für mich zunächst die Grundkenntnisse des Brauens über Bücher, Videos und diverse Foren zu erlernen. Begriffe wie Jodprobe, Alphasäure, Plato, Hopfenseihen oder Restextrakt wurden nachgeschlagen, bevor es dann im Juli 2018 endlich hieß: Brautag! Da Anfängern u.a. aufgrund der einfacheren Gärführung zu einem obergärigen Bierstil geraten wird, habe ich mich für ein Pale Ale entschieden. Schnell merkte ich, dass Brauen nichts für ungeduldige Menschen ist. Denn bevor das Bier verkostet werden konnte vergingen einige Wochen, in denen Gärung und Reifung stattfanden. Aber das lange Warten und die viele Arbeit haben sich am Ende gelohnt, denn direkt der erste Sud hat meine Erwartungen übertroffen. Trotz anfänglicher Unsicherheiten im Brauprozess ist im Gegensatz zu den bekannten Industriebieren ein charakterstarkes, naturtrübes und handwerklich hergestelltes Bier mit fruchtigen Aromen entstanden.

Zollanmeldung

Es ist noch gar nicht lange her, da war die private Herstellung von Bier in Deutschland verboten. Erst seit dem Jahr 1982 ist es in Deutschland erlaubt auch als Privatperson in den eigenen vier Wänden zu brauen. Dies haben wir einzig und allein Jean Pütz – dem Urvater der Hobbybrauer – zu verdanken, der sich im Rahmen seiner Sendereihe „Hobbythek“ in Episode 80 dem Thema „Bier selbst gebraut“ widmete. Für diese Folge hat Pütz mit dem Finanzministerium eine Bagatellregelung ausgehandelt, die bis heute Bestand hat. Seitdem darf jeder Haushalt aufgrund einer mit dem Hauptzollamt vereinbarten Ausnahmegenehmigung jährlich bis zu 200 Liter Bier steuerfrei produzieren. Die Tätigkeit als Heim- oder Hobbybrauer ist dennoch beim zuständigen Hauptzollamt anzuzeigen. Sollte die Freimenge von zwei Hektolitern pro Jahr überschritten werden, ist jeder weitere Liter entsprechend zu versteuern.  

Bastel- und Tüftelarbeiten

Vom Brauvirus infiziert wurden nun nach und nach verschiedene Rezepte gebraut, der Brauprozess stetig optimiert und das Zubehör wöchentlich erweitert. Neben den eigentlichen Brautagen umfasst dieses faszinierende Hobby auch immer wieder Bastel- und Tüfteleinheiten an der Brauanlage. So ist es nicht verwunderlich, dass immer wieder neues Equipment hinzukommt und inzwischen verfügt meine kleine Brauerei über temperaturgesteuerte Kühl- und Gärschränke, eine elektrisch betriebene Malzmühle und einen Keezer mit der Möglichkeit vier verschiedene Biersorten zapfen zu können. Mit Hilfe des Gärschranks konnten von nun an auch untergärige Sude gebraut und bei entsprechenden Temperaturen vergärt werden.

Das passende Gebinde

Wie fast alle Hobbybrauer habe auch ich bei meinen ersten Suden auf Mehrwegflaschen aus dem Pfandkreislauf zurückgegriffen. Diese mussten zunächst von ihren ursprünglichen Etiketten befreit und gründlich gereinigt werden. Allerdings erwies sich diese Arbeit schnell als sehr aufwändig, da viele Flaschen extrem verdreckt oder teilweise sogar von innen mit Schimmel befallen waren. Daher habe ich mich dazu entschlossen nur noch in neue Flaschen abzufüllen. Aber welche Flasche soll es überhaupt werden? Mit Kronkorken oder Bügelverschluss? Longneck, Steinie, NRW oder Vichy? Letztendlich konnte mich die handliche 330 ml Euroflasche überzeugen, da sich diese von den üblichen Longneck-Flaschen abhebt und eine schnelle Wiedererkennung garantiert. Als nächstes kam die Frage nach einer passenden Kiste für die neuen Flaschen auf. Auch diese sollte sich von den Standard-Kunststoffkisten unterscheiden, so dass ich nach möglichen Alternativen gesucht habe. Was könnte schon besser zu handwerklich gebrauten Bieren passen als Kisten aus einem natürlichen Rohstoff? Daher habe ich mich für kleine, stapelbare Holzkisten entschieden, die extra an die Größe der Euroflasche angepasst wurden. Mit einem Laser verziere ich jede einzelne Kiste mit dem Logo der Hoester Braumanufaktur. Zusätzlich gibt es einen handlichen 6er-Holzträger und für den großen Durst werden alle Hoester Biere auch in Fässer unterschiedlichster Größe abgefüllt. Als besonders praktisch hat sich das 10 Liter Party-Keg erwiesen, da dieses ohne separate Zapfanlage genutzt werden kann.

Die neue Brauanlage

Da die ersten Sude immer viel zu schnell aufgebraucht waren, kam bei mir recht schnell der Wunsch nach einer größeren Brauanlage auf. Ich habe mich dazu entschieden die Anlage komplett selber nach meinen Bedürfnissen zu bauen. Entstanden ist letztendlich eine mobile Brauanlage mit der ich je Sud ca. 70 Liter Bier produzieren kann. Die Temperaturführung beim Maischen erfolgt weiterhin computergesteuert und auch den Luxus eines automatisierten Rührwerks möchte ich nicht mehr missen. Die Töpfe für den Nachguss und die Maische werden elektrisch und der Topf zum Würzekochen mit Gas beheizt. Durch den Einsatz einer Läuterhexe kann auf einen separaten Läuterbehälter verzichtet werden, da von nun an das Maischen und Läutern im gleichen Topf erfolgt. Daher bietet die Anlage neben der größeren Ausschlagmenge auch Vorteile hinsichtlich eines reduzierten Reinigungsaufwands, einer verbesserten Sudhausausbeute und flexibler Aufstellmöglichkeiten durch den Rollwagenaufbau. 

Tätigkeit als Lohnbrauer

Da das Interesse an meinen Bieren erfreulicherweise stetig zugenommen hat, habe ich mich im Sommer 2022 dazu entschlossen mein Hobby etwas professioneller aufstellen. Gesagt, getan: Ich habe eine Gewerbeanmeldung bei der Stadt Ennigerloh eingereicht und betreibe seitdem die Hoester Braumanufaktur ganz offiziell als Nebengewerbe. Da ich jedoch mit meiner kleinen Brauanlage die gestiegene Nachfrage nicht bedienen kann, braue ich als sogenannter Lohnbrauer bei kleineren Brauereien im näheren Umkreis meine Biere nach den von mir entwickelten Rezepten. Dies ermöglicht mir das Hoester Bier in Sudgrößen von etwa 5-20 hl (Ein Hektoliter entspricht 100 Liter) zu produzieren und anschließend regional als Fass- und Flaschenbier zu vertreiben. Außerdem besteht die Möglichkeit die Biere im Online-Shop vorzubestellen und nach Absprache abzuholen.

Wie ihr seht: Langeweile kommt bei diesem Hobby definitiv so schnell nicht auf und ich bin mir sicher, dass dieser Text
in den kommenden Jahren immer weiter wachsen wird, denn die nächsten Projekte sind schon in Planung.
Es bleibt also spannend!